Über 13 Brücken zum Äquator

Ein Fluss versperrt den Weg
Ein Fluss versperrt den Weg
“Wir haben das Schlimmste überstanden” war der Satz der letzten Abende. Am darauffolgenden Tag sollte sich jeweils herausstellen, dass dem nicht so ist. Daher gibt es ab sofort ein Verbot von Beschönigungen, da diese scheinbar das Unheil heraufbeschwören. Die letzten Tage waren einfach zu heftig und wir können keinerlei Herausforderung mehr gebrauchen. Also keine Sätze wie “Die Straßen werden besser” oder “Morgen gibt es keine Wasserlöcher” mehr. Zwar ist die Straße ab Ouessa Richtung Süden in vermeidlich gutem Zustand, aber genau dies kann wieder ein Trugschluss sein und wir haben keine Lust mehr auf lange Gesichter.

Am Vormittag wechseln unsere Mechaniker Andrzej und Andruschka (auch Lolek und Bolek genannt) bei brütender Hitze und von wild diskutierenden Einheimischen umlagert erst mal die defekte Lichtmaschine. An dem Fahrzeug wieder alles ok. Nur noch eine abgebrochene Antenne und das etwas zickende Getriebe machen Ärger. Aber wir fahren erst mal los, je weiter wir kommen, desto näher sind wir an der Großstadt Brazzaville, in der man am schnellsten die Autos reparieren könnte. Außerdem weiß ja noch niemand, was uns noch erwartet. Es geht los auf guter Strecke durch eine Schneise direkt durch den Dschungel. Links und rechts hohe Bäume, tiefstes Dickicht und einige Hütten. Dann das Unglaubliche: Vor uns überquert ein Gorilla die Straße. Er ist weit genug weg um eine Vollbremsung zu vermeiden aber nah genug dran um zu erkennen, dass das Tier gut 2 Meter groß sein muss. Schwarz behaart und auf allen Vieren verschwindet das Tier flotten Ganges im Dickicht. Mit allem haben wir gerechnet, aber damit nun wirklich nicht.

Nach ein paar Stunden endet unsere Fahrt wieder einmal abrupt. Wahrscheinlich hat jemand fahrlässigerweise gedacht, dass es ja jetzt ein Kinderspiel werden wird. Dem ist nicht so. Ein Fluss verhindert die Weiterfahrt, keine 2 Minuten später stehen die Fährbootleute neben unseren Autos und erklären uns den Preis für die Überfahrt. Angeblich 50.000 CFA, also 75€ pro Fahrzeug. Eine klare Ausnutzung der Monopolstellung, es gibt weder Brücke noch Umweg. Wir müssen also rüber. Nach einstündiger Diskussion über Abzocke, Nachtzuschlag und Telefonaten mit dem eiskalten deutschen Betreiber der Fähre müssen wir in den sauren Apfel beißen und die Summe bezahlen.

Inzwischen ist es dunkel, was die Weiterfahrt am anderen Ufer nicht unbedingt erleichtert. Wir werden gewarnt, es gäbe in wenigen Metern 12 Brücken, die sehr schmal und teilweise kaputt sein sollen, wir sollen aufpassen, da bereits LKWs von den Brücken ins Wasser gerutscht sind. Die ersten Brücken werden vorsichtig überfahren, sind aber in gutem Zustand und kein Problem. Brücke 7 wird zum ersten Mal schwierig. Wir müssen herumliegende Holzlatten anschleppen um die Brücke zu stabilisieren und die Fahrspur zu verstärken. Mit Teamwork und feinster Navigation kommen alle 3 Fahrzeuge auf die andere Seite. War es das gewesen?

Brücke 8 ist wieder einfach, doch dann kommt den nächste Endgegner. Brücke 9. Die tragenden Verstrebungen sind total vergammelt, nicht mal zu Fuß kommt man sicher rüber. Also heißt es wieder anpacken. Holzlatten werden herbeigeschleppt und die Brücke so gut es geht stabilisiert. Währenddessen geht plötzlich der Motor des ersten Fahrzeugs aus. Scheinbar ist der Dieselfilter verdreckt, da wir bis Ouesso den Tank fast leergefahren haben und der Sprit hier nicht immer in allerbestem Zustand ist. Wir starten den Wagen mehrfach neu und füllen 5 Liter von der eisernen Reserve nach. Das hilft erst mal. Mit mühevoller Millimeterarbeit und schwitzigen Händen passieren wir die Brücke. Wären wir abgerutscht, hätten wir das Auto wohl nicht mehr freibekommen. Erleichterung macht sich breit, da die Überquerungen 10-12 stabil und einfach sind. Über zum Glück trockene Sandpiste geht es weiter Richtung Makoua.


Nach einem Dorf folgt nochmal eine Brücke, die uns wieder Nerven kostet. Doch auch da kommen wir rüber, inzwischen ist es 21 Uhr. Aber wir haben für diesen Tag nun wirklich das Schlimmste überstanden. Um 23 Uhr erreichen wir über gute Strecke die Äquatorstadt Makoua. Die eigentlich sensationelle Überquerung auf dem Landwege (!) wird relativ unspektakulär. Kein erkennbares Zeichen am Straßenrand, nur ein Kreisel, der ungefähr an der entsprechenden Stelle liegt. Nach Champagner ist uns nicht zumute. Das Essen fällt wieder aus, wir fallen todmüde ins Zelt.