Spaghetti in Chinquetti

Kinder erkunden unser Auto
Kinder erkunden unser Auto
Der vorbeifahrende Zug schafft, was Handywecker und aufgehende Sonne nicht schaffen: Wir sind wach. Um 6:30 endet die Nacht abrupt, es hört sich an als würden die 163 mit Eisenerz beladenden und von 3 Loks gezogenen Waggons direkt durch unser Zelt preschen. Noch Minuten später hört man den Lärm der Bahn am Horizont. Trotz einer Nacht auf hartem Boden klagt kaum jemand über Schmerzen, der durch Winde in jede Ritze gewehte Sand ist sehr viel unangenehmer.

Ein Hoch auf eine Dusche. Diese muss heute leider ausfallen. Wir packen unsere Sachen, lassen uns von den Nomaden auf einen Tee einladen und lassen im Gegenzug ein paar Tröten bei den Kindern. Kurz vor der Abfahrt entdecken wir Öl unter einem Fahrzeug. Der Stein, der auch den Ersatzreifen aufgeschlitzt und die Stoßstangenabdeckung zerstört hat, hat offensichtlich auch einen Schlauch getroffen. Keine Werkstatt weit und breit, aber Andrzej und Andreas beheben das Problem zumindest provisorisch. Währenddessen werden zwischen den Ziegen und Zelten ein paar Bälle geschlagen, dann geht es endlich wieder los.

Der Abschnitt ist ähnlich anspruchsvoll wie am Tag zuvor, wir haben uns aber fest vorgenommen die Fahrweise ein wenig anzupassen und materialschonender vorzugehen, da wir ja noch einen weiten Weg nach Südafrika vor uns haben. Ohne große Vorfälle und mit nur 1x Festfahren überqueren wir die Tiefsanddünen und die Trockenflächen. Ein Abstecher führt uns zum Ben Amira, dem nach dem Ayers Rock zweitgrößte Granitfelsen der Welt, wirklich beeindruckend. Im Windschatten des Felsens merken wir dann auch mal die Kraft der Sonne. Zwar hat es “nur” 31 Grad, die brennen bei Windstille aber so enorm, dass jeder Schattenplatzanbieter einen Reibach gemacht hätte.

Der nächste Stopp ist dann Choum, dem nach mehreren Polizeistationen ersten Ort an der Eisenbahnstrecke. Hier sollen die Tanks aufgefüllt werden, da inzwischen auch die Reservekanister aufgebraucht sind. Schon beim Einfahren in die Stadt folgen uns Kinder, winken und begrüßen uns. Auf dem Marktplatz, auf dem auch die Tankstelle ist, wird es dann chaotisch. Kinderhände greifen wie selbstverständlich durch jeden noch so engen Fensterschlitz und es wird alles gepackt, was erreicht werden kann. Eine derart forsche, ja sogar dreiste Art von Betteln haben wir bisher noch nicht erlebt, bis dato näherten sich die Kinder eher mit einem schüchternen Respektabstand. Nun kleben sich die Kinder die Nasen platt, lösen Aufkleber vom Wagen und wir haben sogar Angst um die Außenspiegel, an denen sich die Kleineren hochziehen, um ebenfalls ins Auto blicken zu können. Die Situation entspannt sich erst, als wir aussteigen und laut Musik aufdrehten. Sofort beginnen viele zu tanzen und erfreuen sich unserer Anwesenheit, statt auf Geschenke aus zu sein.


Idoumou führt uns anschließend Richtung Chinquetti, um dort die riesigen Sanddünen zu besichtigen. Auf dem Weg geht es über eine Hochebene und wir erleben etwas nahezu Unglaubliches: Es regnet. In der Sahara. Die Autos sind nun also innen wie außen verstaubt, mit Regentropfen gesprenkelt, die Scheiben mit Kinderhänden und -spucke beschmiert und zur Feier des Tages löst sich auch noch ein Reservekanister auf einer Schotterpiste vom Dach und zerstört ein Fenster in der C-Säule. Gut dass wir unsere Mechaniker dabei haben und dass es morgen erst mal auf befestigten Straßen weiter geht. Wir hören Reifen und Auto sich leise bedanken. Abends gibt es Spaghetti. Idoumou hatte wohl gemerkt, dass die Ziege nicht ganz so gut angekommen war.