Kommentar: Ihr Kinderlein kommet
Eindrücke aus Westafrika
von Götz Sielk
Seit Marokko bin ich mit am Start auf dieser verrückten Tour durch Afrika. Seitdem sammeln wir Eindrücke, für die ich wohl noch einige Zeit brauchen werde, sie zu verarbeiten. Wenn wir noch einigermaßen fit sind, sitzen wir abends im Hotel zusammen und tauschen das Erlebte aus. Immer gleiches Fazit: Wie kann man jemandem, der noch nie in Westafrika war diesen Teil des Kontinents erklären? Irgendwie geht das nicht, man muss es selber erleben, da die Wirklichkeit hier viel zu fern ist von unserer.
Da ich gerade Papa geworden bin, schaue ich natürlich verstärkt auf die Welt der Babys und Kinder, die hier voll in den Alltag integriert werden. Während wir eine Materialschlacht veranstalten, um unsere Kinder fachgerecht liegen, sitzen, schlafen etc. zu lassen, reicht hier ein einfaches Tuch, um es dem Kind gut gehen zu lassen. So behütet ist es den ganzen Tag bei der Mutter oder auch gerne mal bei der großen Schwester festgeschnallt. In Burkina Faso haben wir schon Babys auf dem Moped im schlimmsten Straßenverkehr auf dem Rücken der Mutter seelig schlafen sehen. Sicher ist das nicht der Idealfall, aber das ist Afrika.
Kinder sind hier immer mitten drin und haben dadurch die Chance ganz viel abzuschauen und zu lernen. Kinder! Es fällt schon extrem auf, wie viele Kinder es hier gibt und wie traurig es ist, dass unsere Gesellschaft überaltert. Egal wo man ist, kommen sofort Kinder auf einen zu, lachen einen an, fragen nach einem kleinen Geschenk oder schauen Dich neugierig an. Manche haben noch nie einen Weißen gesehen und nehmen Dich gleich bei der Hand, um zu gucken, wie Du dich anfühlst. Mit meinen 40 Jahren komme ich mir hier richtig alt vor und so langsam bekommt man eine Vorstellung, wie fröhlich eine Gesellschaft aussehen kann, die positiv durch Ihre Kinder geprägt ist. So oder so ähnlich muss es in den 1950er Jahren in Deutschland gewesen sein und wenn ich mir hier die Maggi und Omo Werbung sehe, dann könnten das auch die alten Blech-Schilder aus Deutschland sein. Viele Kinder werden hier noch als echter Reichtum gesehen und sollten zwei Männer eine Meinungsverschiedenheit haben, gewinnt immer der, der mehr Kinder hat. Auch das ist Afrika!
In Djenné in Mali, eine Stadt, die wie im Mittelalter aus Lehmbauten besteht und deren Entsorgung noch wie vor Hunderten von Jahren über Abwassergräben erfolgt, war ich froh zu hören, dass alle Kinder bevor sie in die Schule kommen, geimpft werden. Es sterben zwar noch ca. 2 Kinder am Tag, aber auch hier wurde begriffen, dass Vorsorge und Hygiene wichtige Bestandteile sind, um gesund zu bleiben. That´s Africa!
Kinder sind die Zukunft und das wissen die Afrikaner offenbar besser als wir. Ich denke, wir sollten aufpassen, dass wir nicht langsam den Anschluss verlieren und uns wieder auf das Wesentliche im Leben konzentrieren. Wenn ich wieder da bin, frage ich mal meine Frau, was sie von einem zweiten Kind hält..