Vom Kongo über den Kongo in den Kongo

Reifen werden desinfiziert
Reifen werden desinfiziert
Unseren freien Tag in Brazzaville nutzen wir zur Erholung. Die Autos werden vom Dreck befreit, E-Mails beantwortet, Tagebücher und Fotos hochgeladen. Dann fällt das Internet mal wieder aus und wir machen ein Mittagsschläfchen oder schlendern einfach mal durch die hotelnahen Gassen. Ein Luxus, der leider bei unserem straffen Programm ein wenig zu kurz kommt. Auf einem kleinen Markt entdecken wir gebrauchte Wahlhelfer-Shirts “Team Guttenberg”, “original” Markenschuhe, -hosen, -trikots, etc. und auch Tiere, die in Käfigen zusammengepfercht sind und dessen Beine zur Bewegungseinschränkung auch noch zusammengeknotet sind. Nicht unbedingt artgerecht, aber wer erwartet das hier schon? Auf der Suche nach einer Unterkunft für unser Begleitteam finden wir eine kleine Herberge, die sogar einigermaßen sauber ist. Erst nach mehreren Rückfragen klärt sich auf, warum es 2 Preise gibt. Der günstigere gilt, wenn man nicht über Nacht bleibt, sondern das Zimmer nur für eine Weile nutzt. So so..

Am nächsten Tag geht es nach Zeitplan weiter. Wir wollen mit der Fähre über den Kongo, von der Republik Kongo in die Demokratische Republik Kongo. Zu der reinen Fährfahrt addieren sich also 2 Grenzkontrollen, die uns bisher ja schon immer auf die Probe gestellt haben. Doch diesmal sollte es nochmal alles toppen. Bei der Einfahrt in den Hafen auf Brazzaville-Seite müssen wir erst mal Hafenzutrittsgebühr zahlen. Dann brauchen wir natürlich die Fährtickets, die Ausreisestempel kosten auch nochmal Geld und als Beschleunigungszulage ist auch nochmal ein kleiner Obolus fällig. Immerhin dürfen wir nun als erstes aufs Boot, außer uns steht aber ohnehin nur ein LKW in der “Wartespur” und der hat selbstverständlich Vorfahrt. Das Geld wird weniger und weniger, draußen wird es heißer und ungemütlicher.

Als die Fähre von der anderen Seite ankommt, bricht das Chaos aus. Menschen rennen wild durcheinander, tragen Plastikstühle, Säcke mit Klopapier oder Seife und kistenweise Kram auf dem Kopf, laden die Waren irgendwo ab und rennen wieder zum Schiff, um die nächste Fuhre zu holen. Währenddessen betreten allerdings schon die Ersten von unserer Seite das Schiff mit ihren Waren und es wird ein komplettes Durcheinander. Rollwagen rasen die Rampe hinunter und ungebremst in Menschengruppen, Krüppel ohne Beine werden übergerannt, immer wieder sieht man Blinde, die sich von anderen geleitet durch die Menge bewegen. Die Zollstation wird durchbrochen, viele scheinen keinen Pass zu haben. Unfassbare Szenen, die Beamten sind überfordert und machtlos.

Dann werden auch wir Opfer des Chaos. In einem unserer Wagen wird eine Kamera entwendet, die ein Polizist plötzlich in der Hand hält. Zum Glück gibt es noch ehrliche Aufpasser, die den Dieb verpetzt haben. Andrzej hat Glück gehabt, anschließend verschanzen wir uns in den Fahrzeugen, denn nun gilt ein Großteil der Aufmerksamkeit auch uns. Dennoch sind fast alle friedlich und halten einen gewissen Abstand.

Ohne unseren Guide, mit dem Oliver alle bürokratischen Hürden nimmt, wären wir wahrscheinlich nicht rechtzeitig auf das für 10 Uhr angekündigte Boot gekommen, welches dann schließlich kurz nach 12 Uhr ablegt. Militär und Polizisten müssen mit Schlagstöcken und Ketten den Weg freimachen, damit die Leute nicht noch mehr Waren an und von Bord holen. Menschen schwimmen im Wasser hinter dem Boot her oder retten sich mit einem Sprung vom Deck noch an Land. Die Überfahrt dauert 45 Minuten, für uns eine kurze Verschnaufpause.


Auf der anderen Seite wird die Meute dann etwas stärker geordnet. Es gibt Käfige wie in einem Zirkus bei der Raubtiervorstellung. Auf der einen Seite kommen die neuen Gäste an, auf der anderen gehen die anderen von Bord. In der Mitte ein Parkplatz, auf den wir geführt werden. Während neben uns Schlägereien ausbrechen, weil sich eine Gruppe Farbiger über die Transportart eines mannshohen Stromgenerators nicht einig ist, parken wir, und Oliver geht wieder mit den Unterlagen los. Diesmal dauert es jedoch ewig, dann müssen wir einzeln vorsprechen kommen und die Zeit verstreicht. Während wir notgedrungen schon Dollar und Euro zu miesem Kurs in Kongo-Franc umtauschen, um wenigstens ein Getränk zu kaufen, brennt die Sonne und die Stunden gehen ins Land.

Als sich alles dem Ende entgegen neigt, will ein Kontrolleur die Gelbfieberimpfbescheinigungen sehen, auch hier können wir punkten. Da er damit scheinbar nicht weiter kommt, ordnet er nun an, dass die Fahrzeuge desinfiziert werden müssen. Nach langer Diskussion über Abzocke, das Waschen am Vortag, die Folie auf dem Lack und so weiter bleibt uns nichts anderes übrig als die 60$ pro Auto (!) zu zahlen und zuzuschauen, wie ein Mann unsere Reifen mit Spülmittel und Flusswasser abspritzt. Das setzt der Lächerlichkeit dieser Grenzüberquerung nun die Krone auf, aber leider ist man machtlos.

Als wir nach 8 Stunden endlich alle Kontrollen hinter uns haben, suchen wir uns ein Hotel in Kinshasa. Da eine UN-Konferenz ist, sind alle Hotels total überteuert, aber das ist nun egal. 25 Kilometer in 9 Stunden, da waren wir selbst im Dschungel schneller und erholter.